24. Januar 2019 / Verwaltungsrecht
Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz M-V bei notwendiger Drittbeteiligung

Auszug aus der Begründung:

I.

Die Beteiligten streiten um einen Informationsanspruch.

Der Beklagte führte am 9. Oktober 2012 beim Kläger eine tierschutzrechtliche Kontrolle durch, die keine Beanstandungen ergab. Anlass der Kontrolle war eine tierschutzrechtliche Beschwerde. Der Beklagte nahm anlässlich der Beschwerde lediglich den Familiennamen des Beschwerdeführers auf und vermerkte dazu, dass es sich um einen Urlauber handele. Mit Bescheid vom 3. Januar 2013 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers ab, ihm den Namen des Beschwerdeführers mitzuteilen. Den Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2013 zurück. Am 10. Juli 2013 hat der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Greifswald mit dem Antrag erhoben, ihm unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide Auskunft über die Person des Anzeigeerstatters zu erteilen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 31. März 2016 – 6 A 536/13 – abgewiesen. Das Urteil ist dem Kläger am 23. Juni 2016 zugestellt worden. Am 5. Juli 2016 hat der Kläger beantragt, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen. Am 9. August 2016 hat er den Antrag begründet.

II.

Der fristgemäß gestellte und begründete (§ 124a Abs. 4 Satz 1 und 4 VwGO) Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht. Dabei berücksichtigt der Senat, dass die Voraussetzungen an eine Berufungszulassung mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht überspannt werden dürfen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 07.11.2013 – 2 BvR 1895/11 –, juris Rn. 14).

Den geltend gemachten Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sieht der Senat in ständiger Rechtsprechung als gegeben an, wenn die Zulassungsschrift Anlass gibt, das Ergebnis der angefochtenen Entscheidung in Zweifel zu ziehen. Damit ist gesagt, dass sich der Begriff der ernstlichen Zweifel nicht ausschließlich auf die vom Verwaltungsgericht gegebene Begründung beziehen kann, sondern zusätzlich das Ergebnis, zu dem das Verwaltungsgericht gelangt ist, mit in den Blick zu nehmen hat. Erweist sich das Urteil aus anderen Gründen, die ohne Weiteres auf der Hand liegen, im Ergebnis als richtig, kann das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte als das Verwaltungsgericht abstellen und – soweit rechtliches Gehör gewährt ist – die Zulassung der Berufung deshalb ablehnen (BVerfG, Beschl. v. 09.06.2016 – 1 BvR 2453/12 –, juris Rn. 17).

Nach diesen Maßgaben liegen auch unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts vor. Das Urteil ist im Ergebnis offensichtlich richtig. Dem Kläger steht der geltend gemachte Informationsanspruch nicht zu.

Der Anspruch des Klägers ist durch § 7 IFG M-V ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift ist der Antrag auf den Zugang zu Informationen abzulehnen, soweit durch das Bekanntwerden der Informationen personenbezogene Daten offenbart werden. Bei einem Familiennamen handelt sich zweifellos um ein solches Datum (vgl. § 3 Abs. 1 DSG M-V). Ein Ausnahmetatbestand zugunsten des Klägers greift nicht ein. Die sachlichen Voraussetzungen von § 7 Nr. 1 bis 4 IFG M-V liegen ersichtlich nicht vor. Der Tatbestand von § 7 Nr. 5 IFG M-V ist gleichfalls nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift ist der Informationszugang zu gewähren, wenn der Antragsteller ein rechtliches Interesse an der Kenntnis der begehrten Informationen geltend macht und überwiegende schutzwürdige Belange des Betroffenen der Offenbarung nicht entgegenstehen.

Der Zugang zu Informationen setzt im vorliegenden Fall voraus, dass das Verfahren nach § 9 Abs. 1 IFG M-V durchgeführt worden ist. Nach dieser Vorschrift gibt die Behörde in den Fällen des § 7 IFG M-V einem Dritten, dessen Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind, schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben kann. Durch die Drittbeteiligung werden verfahrensrechtlich diejenigen materiellen Rechte des betroffenen Dritten gesichert, die durch den Informationszugang seitens des Antragstellers beeinträchtigt werden können (Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, 2. Auflage, § 8, Rn. 6). Das Drittbeteiligungsverfahren dient in erster Linie dem Rechtsschutz des Dritten im Sinne von „Grundrechtsschutz durch Verfahren“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 17.03.2016 – 7 C 2/15 –, juris Rn. 22 zu § 8 IFG).

Ohne Drittbeteiligungsverfahren darf der Informationszugang nicht gewährt werden. Die in Anspruch genommene öffentliche Stelle kann ohne die vorgeschriebene Verfahrensbeteiligung des Dritten keine rechtmäßige Entscheidung über den beantragten Informationszugang erlassen, weil niemals auszuschließen ist, dass die Behörde die Interessenlage des Dritten nicht umfassend kennt (vgl. Polenz, in: Brink/Polenz/Blatt, Informationsfreiheitsgesetz, § 8, Rn. 6). Ohne Beteiligung des Drittbetroffenen ist nicht vollständig zu ermitteln, welche schutzwürdigen Belange des Drittbetroffenen mit welchem Gewicht in die Entscheidung einzustellen sind. Die nach § 7 Nr. 5 IFG M-V gebotene Abwägung dieser Belange mit dem rechtlichen Interesse des Antragstellers an der Kenntnis der begehrten Informationen kann ohne eine umfassende Kenntnis des Abwägungsmaterials nicht rechtmäßig erfolgen.

Daraus folgt zunächst, dass in den Fällen, in denen ein Drittbeteiligungsverfahren noch nicht durchgeführt worden ist, ein Gericht mangels Spruchreife nicht im Sinne einer Verpflichtung zur Informationsgewährung durchentscheiden kann und lediglich ein Bescheidungsurteil in Betracht kommt (vgl. zu § 8 Abs. 1 IFG BVerwG, Urt. v. 17.03.2016 – 7 C 2/15 –, juris Rn. 39 m.w.N.). Steht hingegen darüber hinaus fest, dass das nach § 9 Abs. 1 IFG M-V gesetzlich vorgeschriebene Drittbeteiligungsverfahren nicht durchgeführt werden kann, ist der Zugang zur Information abzulehnen. Eine Offenbarung der personenbezogenen Daten des Betroffenen hat dann zu unterbleiben.

So liegt es hier. Der Beklagte ist aus objektiven Gründen gehindert, den Drittbetroffenen zu beteiligen, weil ihm weder der vollständige Name noch Anschrift oder Wohnort bekannt sind. Unter diesen Umständen kommt auch eine Ermittlung der Anschrift des Dritten über eine Auskunft der zuständigen Meldebehörde nicht in Betracht. Ob eine öffentliche Zustellung gemäß § 108 VwVfG M-V angesichts der Funktion des Drittbeteiligungsverfahrens dem Schriftformerfordernis des § 9 Abs. 1 IFG M-V genügen würde (so Rossi, Informationsfreiheitsgesetz, § 8, Rn. 7), muss hier nicht geklärt werden. Auch eine öffentliche Zustellung der Mitteilung scheidet jedenfalls aus, weil der Zustellungsadressat mangels Kenntnis des Vornamens nicht zweifelsfrei bezeichnet werden könnte (Sadler, VwVG/VwZG, 9. Auflage, § 10, Rn. 51).

Autor: Professor Dr. Karsten Simoneit

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Professor Dr. Karsten Simoneit

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Honorarprofessor an der Hochschule Wismar

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