21. Oktober 2021 / Ehe, Familie, Lebensgemeinschaft
Entscheidungsbefugnis für Corona-Impfung des impfbereiten 16-jährigen Kindes
In dem vom OLG entschiedenen Fall übten die geschiedenen Eltern eines fast 16-jährigen Kindes gemeinsam die elterliche Sorge aus. Vater und Sohn befürworteten eine Impfung, die Mutter war damit nicht einverstanden. Auf Antrag des Vaters übertrug das Amtsgericht diesem im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig die alleinige Befugnis zur Entscheidung über die Impfung seines Sohnes. Die Mutter legte gegen diese Entscheidung Beschwerde ein.
Das OLG wies die Beschwerde der Mutter zurück. Es stellte klar, dass der fast 16-jährige für den medizinischen Eingriff im Verhältnis zu der ärztlichen Impfperson selbst einwilligungsfähig sei, es gleichwohl aber bei einem derartigen nicht geringfügigen medizinischen Eingriff zur Wirksamkeit der Einwilligung des Patienten auch der Einwilligung der sorgeberechtigten Eltern bedürfe.
Nach Ansicht des OLG sei die Entscheidungsbefugnis demjenigen Elternteil zu übertragen, der die Impfung des Kindes entsprechend den Empfehlungen der STIKO befürworte, soweit - wie vorliegend - bei dem Kind keine besonderen Impfrisiken vorlägen. Hinzu käme, dass auch der Kindeswille zu beachten sei, wenn sich das Kind im Hinblick auf sein Alter und seine Entwicklung auch eine eigenständige Meinung zum Gegenstand des Sorgerechtsstreits bilden könne. Bei einem fast 16-jährigen stünde es außer Frage, dass dieser sich eine eigene Meinung über den Nutzen und die Risiken der Corona-Schutzimpfung bilden könne. Da der Kindesvater auf den Willen des Kindes bei dieser Entscheidung Rücksicht nahm, sprach das Gericht diesem die bessere Entscheidungskompetenz zu. Denn Teil der elterlichen Sorge sei auch, die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln zu berücksichtigen.
Autor: Martina Kurtz